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Flöhe

Trotz ihrer parasitischen Lebensweise kann man Flöhe (engl. flea) als eine volkstümliche und populäre Insektengruppe bezeichnen, deren gelegentliches Vorkommen am Menschen im Gegensatz zum Läuse- oder Wanzenbefall meist erheiternd aufgenommen wird. Auch in der allgemeinen Literatur stehen die Flöhe oft im Mittelpunkt mehr oder weniger humoristischer Darstellungen.

Mittlerweile wird schon seit einigen Jahrzehnten in weiten Kreisen der Bevölkerung hartnäckig die Meinung vertreten, daß die Flöhe ausgestorben wären bzw. im Aussterben begriffen seien. Selbst einige Fachleute behaupten im Internet, der Menschenfloh (Pulex irritans) sei in Mitteleuropa ausgestorben. Tatsächlich kommen in unseren modernen, vielfach zentral beheizten Wohnungen mit fugenlosen Fußböden kaum noch Flöhe vor. Durch die häufige Benutzung von Staubsaugern und Fußbodenpflegemitteln sowie durch die gesteigerte Körperhygiene ist der Menschenfloh (Pulex irritans) vielerorts selten geworden. Aber man findet ihn auch heute noch an allen Stellen, die ihm normale Entwicklungsbedingungen bieten, relativ häufig.

Biologie der Flöhe

Flöhe sind eine sehr alte Insektengruppe, schon aus der Kreidezeit (vor 135 Mill. Jahren) sind Fossilien mit flohähnlichem Habitus bekannt. Zwei im Baltischen Bernstein (aus der Tertiär-Zeit vor 64 Mill. Jahren) gefundene Flöhe der Gattung Palaeopsylla unterscheiden sich nicht von den heute lebenden Flöhen.

Flöhe sind eine Gruppe von etwa 1600 Arten (davon 80 in Mitteleuropa), die durchweg als Blutsauger auf Warmblütern (Vögel, Säugetiere) leben. Sie sind 1-6 mm (meist 2-3 mm, Maulwurfsfloh-Hystrichopsylla talpae bis 6 mm) lang und ihr Habitus zeigt eine enge Anpassung an ihre parasitische Lebensweise.

Ihr Körper weicht außerordentlich stark von der normalen Insektengestalt ab, indem er eine starke seitliche Abflachung erfahren hat. Die Behaarung ist nach hinten gerichtet. Die einzelnen Körperteile sind nicht durch tiefe Einschnitte voneinander getrennt, sondern bilden durch das dachziegelartige Überdecken und das Fehlen auffallender Anhänge (selbst die Fühler sind in grubenförmigen Vertiefungen verborgen) einen zusammenhängenden Komplex.

Die Mundwerkzeuge (stechend-saugend) der Flöhe sind zu einem nach unten hinten gerichteten Stechrüssel umgebildet. Der eigentliche Stechapparat besteht aus einem unpaaren Stilett und zwei an den Rändern gezähnten, lanzettähnlichen Gebilden, die sich zu einem Saugrohr zusammenschließen. Nach dem Einstich verhindern Speichelsekrete des Flohs das Gerinnen des Blutes. Jede Stichstelle macht sich durch eine kleine punktförmige Blutung, die von einer rotgefärbten (meist ovalen) Hautschwellung umgeben ist und durch (z.T. auch schmerzhaften) Juckreiz bemerkbar. Wird der Floh während der Blutmahlzeit gestört, so kann er innerhalb kurzer Zeit eine große Zahl von Einstichen verursachen. Diese erzeugen dann die typischen perlschnurförmigen Stechformationen, anhand derer man das Vorhandensein der Flöhe, ohne sie selbst zu sehen, erkennt.

Hat der Floh Gelegenheit, wird er mindestens einmal täglich Blut saugen. Andererseits können Flöhe längere Hungerperioden (bis zu 18 Monaten) z.B. in Ferienwohnungen überdauern.

Entwicklung von Flöhen

Im Normalfall erfolgt bei den Flöhen die erste Eiablage einige Tage nach dem Blutsaugen. In Schüben von 6-10 Eiern können von einem Menschenflohweibchen 400 – 500 Eier abgelegt werden (Hühnerfloh nur 20 Eier). Zwischen jeder Eiablage müssen die Flöhe erneut Blut saugen (Eiablage erfolgt bis zu 3 Monaten, Lebensdauer des Flohweibchens insgesamt ca. 3-18 Monate). Die Eier sind glatt, oval, grauweiß und 0,25 – 0,5 mm lang. Die nach 4-5 Tagen schlüpfenden madenähnlichen, aber behaarten und fußlosen 4-5 mm langen Larven ernähren sich von organischen Stoffen (aus Hautschuppen, Haaren, Federn, Exkrementen und Detritus).

In den Wohnungen des Menschen leben die Flohlarven insbesondere in den mit Schmutz gefüllten Dielenritzen. Sehr gern nehmen die Flohlarven die mit Blutbestandteilen gefüllten Exkremente der adulten Flöhe auf. Nach zweimaliger Häutung spinnen die erwachsenen Larven aus erhärtendem Speicheldrüsensekret einen Kokon, in dessen Wandung viele Partikel des umgebenden Stubstrates, wie Erde und Sandkörnchen, Haare, Federn und Gewebsteile, festkleben, so daß der Kokon sich nur schwer von seiner Umgebung abhebt. Nach einer 3. Häutung verpuppt sich die Larve innerhalb dieses schützenden Kokons. Bei Zimmertemperatur schlüpfen die erwachsenen Flöhe schon nach 8-14 Tagen (je nach Temperatur bis 12 Monate). Die Dauer einer Flohgeneration ist demnach sehr unterschiedlich und kann 14 Tage bis über 1 Jahr dauern.

Die Begattung erfolgt meist kurz nach dem Schlüpfen der erwachsenen Flöhe. Hungrige Flöhe sind der Regel nicht sehr wählerisch in bezug auf ihre Blutspender und versuchen jeden erreichbaren Warmbluter zu stechen, sie besitzen keine Wirtsspezifität. Ihre scheinbare Vorliebe für bestimmte Tierarten ist in Wirklichkeit eine Bindung des Flohes und seiner Entwicklungsstadien an den Wohn- und Aufenthaltsort seiner Wirte. So kann der Kaninchenfloh auch auf Seevögel parasitieren, wenn diese in Kaninchenbauten brüten. Auch der Menschenfloh (Pulex irritaus) ist nicht nur auf den Menschen spezialisiert, sondern kommt häufig, zuweilen sogar massenhaft, in den Bauen freilebender Raubtiere und bei Haustieren wie Schwein, Schaf und Hund vor. Wahrscheinlich ist er sekundär auf den Menschen übergegangen. Streng wirtsspezifische Flöhe sind sehr selten. (z.B. der Uferschwalbenfloh–Ceratophylus styx und einige Maulwurfsflöhe).

Systematik der Flöhe

Unterreich: Metazoa > Cochomata (Bilateria) > Atrikulata (Gliedertiere) > Arthropoda (Gliederfüßler) > Mandibulata > Antennata > Insecta (Hexapoda-Insekten) > Pterygota (Flügelträger) > 27. Ordnung: Siphonaptera = Aphaniptera = Suctoria = Flöhe (sekundär flügellos!) mit 17 verschiedenen Familien

Wichtigste Familien:

Flöhe als Krankheitsüberträger

  1. Durch Flohstiche können Bakterien (z.B. Strepholokokken und Staphylokokken) übertragen werden, welche möglicherweise verstärkt durch das Kratzen bei Juckreiz zu Entzündungen an der Stichstelle führen.
  2. Beim 1-1,2 mm großen tropischen Sandfloh bohrt sich das Weibchen nach der Befruchtung in die Haut von Mensch oder Schwein. In den meisten Fällen wird der eindringende Floh vom Wirt nicht bemerkt. Erst bei zunehmender Körpervergrößerung (bes.d. Ovarien) tritt Schmerzempfindung, verbunden mit Juckreiz, auf. Später kommt es oft zu eitrigen Sekundärinfektionen, die teilweise chirurgische Eingriffe erforderlich machen.
  3. Katzen und Hundeflöhe können Überträger des Hunde-Gurkenkernbandwurms – Dipylidium caninum (20 – 40 cm lang) sein. Die Eier können von den Flohlarven aufgenommen werden und entwickeln sich im erwachsenen Floh zur Finne. Wird der finnentragende Floh von einem Hund oder einer Katze zerbissen und hinuntergeschluckt, gelangen die Entwicklungsstadien in den Hundedarm und wachsen hier zu einem Bandwurm heran. Selten wird auch der Mensch (hier besonders Kinder) befallen.
  4. In subtropischen – tropischen Gegenden kann durch den Rattenfloh das murine Fleckfieber (Rickettsia typhi) übertragen werden (Mortalität 1-2 %, Verlauf aber meist leicht)
  5. Als für den Menschen gefährliche Erkrankung kann durch den vorrangig auf Ratten parasitierenden Pestfloh (Xenopsylla cheopis) die Pest übertragen werden. Obgleich auch noch andere Floharten (über 80) befähigt sind, den Pesterreger (das Bakterium Yessina pestis = ehemals: Pasteurella pestis) zu übertragen, scheint Xenopsylla cheopis dafür besonders prädestiniert zu sein. Mit dem Blut eines an der Pest erkankten Menschen oder eines Nagetieres (bes. Ratte) nimmt der Floh die Pestbakterien in seinem Verdauungstrakt auf. Die Bakterien vermehren sich im Flohdarm (Mitteldarm u. Vormagen), der Darm verstopft und beim nächsten Stich werden die Erreger erbrochen und somit der eventuell neue Wirt infiziert. Bei anderen Floharten ist die Vermehrung der Bakterien nicht so stark, und sie werden zum Teil mit dem Kot ausgeschieden. Über kleine Hautwunden können die Erreger aber ebenfalls in den Wirtskörper gelangen.
    In erster Linie ist die Pest eine Nagetierkrankheit. In Wohngebieten sind besonders stark die Hausratten oder Wanderratten befallen. Die Ratten versterben vielfach an der Pest, hierdurch versuchen die Flöhe neue Wirte zu finden und gehen dabei häufig auf den Menschen über. Welche gewaltigen Verluste die Pest unter den Menschen gefordert hat, belegen Zahlen der europäischen Pestepidemie der Jahre 1347 – 1350. Es starben damals ca. 25 Millionen Menschen (= ein Viertel der damaligen Gesamtbevölkerung. 1720 –1721 trat die Pest zum letzten Mal in Europa auf. In Indien starben noch um 1900 jährlich über eine Million Menschen an dieser Krankheit. Auch in den letzten Jahren gab es in Indien Pesterkrankungen. Erdhörnchen, Eichhörnchen, Bobak(Ostasien-Murmeltier), Ziesel, Mäuse und andere Nagetiere, die teilweise latent an der Pest erkrankt sind, bilden ein Pest-Seuchenreservoire. Die Bakterien bleiben über Wochen im Flohkot vital und sind noch nach Monaten aus dem Erdreich von Nagetierhöhlen isolierbar.
    Die Pest verläuft als Bubonenpest (Beulenpest) mit schmerzhaften Lymphknotenschwellungen (Bubo), bei Erregerinkubation als Lungenpest (Pestpneumonie) oder als Pestsepsis. Die postneutral als schwärzliche Läsinen imponierenden Hautblutungen sind für den im Mittelalter gebräuchlichen Namen “Schwarzer Tod” verantwortlich.
    Epidemiegebiete der Pest sind ländliche Regionen in den Südweststaaten der USA, in Südamerika (Ecuador, Peru), in afrikanischen Ländern, südlich der Sahara (Tansania, Mosambique, Madagaskar), in Russland, in Asien (Kasachstan, China, Mongolai, Indien) und in Südostasien (Vietnam).

Flohbekämpfung bei Hunden und Katzen

Da Flöhe in der warmen Jahreszeit besonders schnelle Vermehrung zeigen, sind sie im Sommer weiter verbreitet. Hunde und Katzen können neben der Fellkamm- und Saugmethode durch Flohschutzbänder (z.B. Bolto®), Kiltrix® Ektoparasitenhalsbänder (auch gegen Zecken) oder durch Spot-on-Präparate (=Aufträufelpräparate, z.B. Advantage® 40, 100, 250 bzw. 400) durch einmaliges Auftropfen zwischen die Schulterblätter (= Kontaktgift – Wirkung bis 1 Monat, mittels Tiguron®- Fraß-Gift (Wirkung 2-3 Wochen) oder Frontline® - Pumpspray (bis 5 Wochen) vorsorglich geschützt werden.

Bei Flohbefall kommen Shampoos, Sprays oder auch Puder (z.B. Bolfo®) zum Einsatz. Eine Reinigung der Ruheplätze der Tiere ist unerläßlich (Staubsauger, Waschen, Umgebungssprays). Empfohlen wird bei Hunden und Katzen auch eine Wurmkur (s.o.). Die Flöhe können mit einer Kombination aus synthetischem Juvenilhormon (Methophren – hemmt Ei und Larvenentwicklung), Fettsäuren (ersticken Flöhe) und Kaliumsalzen (trocknen die Eier aus) behandelt werden.

In die Nahrung können gegeben werden:

Program®-Paste wirkt als Floh-Entwicklungshemmer(1x/Monat) oder als Spritze (1x/6 Monate). Weitere Mittel sind Capstar®-Tablette von Novartis und Stronghold (Endektozid von Pfizer) mit dem Wirkstoff Selamectin.

Teebaumöl (Vorsicht Allergien!) und Niembaum-Öl sowie Lavendel sind weniger zuverlässig. Über die angeblich 1 Jahr wirkenden Flohkissen (aus Zedernraspel und insektenabwehrenden Kräutern) habe ich keine genaueren Informationen.

Flohbekämpfung beim Menschen

Beim Menschen reicht normale Hygiene (Dusche, Badewanne) in Verbindung mit Kleidungswäsche und Bettreinigung vollkommen aus. Die Stiche selbst können mit Salben (Antihistaminika) behandelt werden.

Literatur

DGPI- Handbuch 4. Auflage. 2003  S.561-564.

Fang, R.: Ann.N.Y.Acad. Sci. 990, 213-220 (2003).

Stevenson, H.L.: J.Med.Entomol. 40, 329-337 (2003).

Tomaso, H. et al. : FEMS Immunol.Med.Micorobiol. 38, 117-126 (2003).

Yeruham, I. And Koren, O.: Vet. Parasitol. 115,365-367 (2003).

Vobis, M. et al.: Parasitol. Res. 90 Suppl. 3,S132-134(2003).

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