Arzt für Kinder- und Jugendmedizin, Neonatologe, Dipl. Biologe,

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Was ist dran an Umckaloabo?

Mit jährlich 4,1 Millionen Packungen im Wert von 55 Mio. € (Apothekenverkaufspreis) gehört UMCKALOABO, ein ethanolischer Extrakt aus den Wurzeln der südafrikanischen Pflanze Pelargonium reniforme/sidoides, zu den Schnelldrehern. Er wird als "pflanzliches Antibiotikum" bei akuten und chronischen Infektionen insbesondere der Atemwege angeboten. Zu den beanspruchten Indikationen gehört auch Angina tonsillaris. Arzneimittel mit Pelargonium-Extrakt sind unseres Wissens außer in Deutschland in keinem Land der Welt im Handel. Das nicht rezeptpflichtige UMCKALOABO wird in Laienmedien beworben. Gleichzeitig wirbt der Hersteller mit der Erstattungsfähigkeit. 2001 stieg die Verordnung zulasten der gesetzlichen Krankenkassen um mehr als ein Drittel.

Pelargonium-Extrakt wirkt schwach antibakteriell. Er gilt allerdings für diesen Effekt in UMCKALOABO als "mindestens 1000fach unterdosiert".

Randomisierte kontrollierte Vergleiche mit Standardantibiotika finden wir nicht. Zwei placebokontrollierte Studien sind in einer Buchreihe publiziert, ein Vergleich mit Azetylzystein (FLUIMUCIL u.a.) in der Zeitschrift "Der Kassenarzt". In einer der beiden placebokontrollierten Studien, an der 124 Erwachsene mit akuter Bronchitis teilnehmen, fehlt - neben anderen Mängeln - die konfirmatorische statistische Analyse des Ergebnisses. Da somit offen bleibt, ob es sich bei dem Unterschied von 2 Punkten auf einer 20-Punkte-Skala um mehr als eine Zufallsschwankung handelt, ist die Studie ohne Aussagewert. In die zweite placebokontrollierte Studie werden 144 Kinder mit akuter "Tonsillopharyngitis" aufgenommen, bei denen ein Schnelltest auf ß-hämolysierende Streptokokken negativ ausfällt und keine zwingende Indikation zur Antibiotikatherapie besteht. Wie ein zuverlässiger Ausschluss von Kindern mit Streptokokkenangina gewährleistet werden sollte, ist nicht beschrieben: Bis zu 9% erkrankter Kinder werden mit einem Schnelltest falsch negativ beurteilt (a-t 1998; Nr. 2: 26-7). Im Verlauf fällt eine hohe Abbruchrate unter Placebo auf (38% vs. 2% unter Verum zum Bewertungszeitpunkt)/' Ausgewertet wird anscheinend nach Intention-to-treat mit "Last observation carried forward": In der Plazebogruppe entstammt somit ein beträchtlicher Teil der Daten einem früheren Zeitpunkt des Verlaufs - bei einer selbstlimitierend verlaufenden akuten Infektionskrankheit bedeutet dies erwartungsgemäß ein schlechteres Ergebnis.

Positive Behandlungsergebnisse" mit UMCKALOABO in unkontrollierten Beobachtungsstudien bei akuter Bronchitis dürften auf den üblichen Spontanverlauf mit Abklingen der Symptome nach ein bis zwei Wochen zurückzuführen sein. Eine therapeutische Wirksamkeit lässt sich aus solchen Beobachtungen nicht ableiten.

Die beanspruchte Indikation "Angina tonsillaris" darf nicht missverstanden werden: Bei Streptokokkenangina erachten wir die Verschreibung von UMCKALOABO statt eines wirksamen Antibiotikums als Kunstfehler.

Angeblich sind - so die Fachinformation - keine Nebenwirkungen bekannt. Dennoch soll das Mittel beispielsweise bei erhöhter Blutungsneigung "nicht angewendet werden". In dem Extrakt enthaltene Kumarine bergen das Risiko von Blutungskomplikationen, etwa in der Pädiatrie, wenn angeborene Gerinnungs- oder Aggregationsstörungen noch unerkannt sind. Vor Kombination mit Azetylsalizylsäure (ASPIRIN u.a.) oder nichtsteroidalen Antirheumatika wird gewarnt. Ein zweijähriges Mädchen erkrankt nach zweiwöchiger Einnahme von UMCKALOABO-Lösung an thrombozytopenischer Purpura (NETZWERK-Bericht 12.658). Wie viele andere Erkältungsmittel ohne nachgewiesenen Nutzen (a-t 1995; Nr. 1: 4) enthält UMCKALOABO Alkohol: 12 Vol-%, so viel wie Wein (Werbung: Kann "selbst Kleinkindern bedenkenlos gegeben werden").

Ein Nutzen des Pelargonium-Extrakts UMCKALOABO, der als "pflanzliches Antibiotikum" insbesondere bei Atemwegsinfektionen angeboten und beworben wird, ist nicht nachgewiesen.

"Pflanzlich" bedeutet nicht harmlos: In dem Extrakt enthaltene Kumarine bergen ein Blutungsrisiko. Außerdem wird Kindern mit dem überflüssigen Mittel 12%iger Alkohol zugeführt.

Wir raten von der Anwendung des unzureichend dokumentierten  Produktes ab.  Ob die  noch  ausstehende Nachzulassung dem Mittel ein Ende bereitet?

Quelle: arznei-telegramm 3/2003 S. 29

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