Arzt für Kinder- und Jugendmedizin, Neonatologe, Dipl. Biologe,

Asthmatrainer, Psychosomatik, Reisemedizin, Gelbfieberimpfstelle

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Kopfläuse

Kopfläuse (Pediculosis capitis) sind kleiner als Kleiderläuse und mit stärkerer Einkerbung der Hinterleibsegmente versehen.

Symptome - (klinisches Bild)

Das erste Anzeichen für einen Kopflausbefall ist meist ein ungewöhnlich starker Juckreiz. Wenn der Kopf ständig juckt und man sich häufig kratzen muss, wird es höchste Zeit, das Haar einmal genauer untersuchen zu lassen. Zur Untersuchung scheitelt man das Haar mit einem Kamm (Läuse-(Nissen)-kamm) Strich für Strich auseinander (engl. combing). Die Untersuchung erfolgt am besten gegen den Strich mit Hilfe einer Lupe (Vorsicht: es wird dafür viel Zeit benötigt. Ich habe in meiner Praxis schon mal 30 min benötigt um eine einzige Laus zu finden!). Besonders gründlich sind die Haare in der Schläfen-, Ohren und Nackengegend zu untersuchen. Vor allem bei längerem Haar herrscht hier die optimale Temperatur zur Eiablage.
Häufiger als die Läuse selbst, findet man die Eier (Nissen). Sie sind mit dem Auge als kleine Punkte sichtbar, sind 0,8 mm lang und kleben besonders in der Nähe der Haarwurzel an den Haaren fest und sind durch einen Deckel gekennzeichnet). Lebende Nissen lassen sich nicht so einfach entfernen, wenn die Nissen tot sind, kann man sie leichter herausziehen. Lebende Nissen haben eine weiß, silbriggraue bis gelblich glänzende Farbe. Tote Nissen haben hingegen eine bräunliche Farbe. Nissen sind nicht weich, sondern knacken wenn man sie zerdrückt. Bei hohen Läusebefall verfilzen die Haare durch die zahlreichen Nissen (Weichselzopf).

Die Kopflaus ist 2 bis 3,5 mm lang und von grauer bis rötlicher  Farbe. Die Farbe ist von der Hautfarbe des Menschen und der Nahrungsaufnahme der Läuse (Hämoglobin- gehalt) abhängig. Läuse haben drei Paar (Insekten!) sehr kräftige, mit Krallen versehene Beine. Sie müssen ständig Blutsaugen (alle 1-3 Stunden (h)), andernfalls verhungern sie (nach ca. 24 h). Die schmerzlosen Stiche führen zu Rötungen und Schwellungen. Der beim Stich übertragene Speichel führt zum Juckreiz (Puritus). Das Kratzen kann die Wunden vergrößern, wodurch wiederum Bakterien und Pilze in der Haut sich vermehren können, was dann zur Schwellung von Lymphknoten im Halsbereich führt.

Entwicklung der Läuse:

Aus jeder Nisse entwickelt sich eine Laus. Die Läuse schlüpfen nach ca. 8 Tagen aus. Läuse sind getrenntgeschlechtlich und müssen sich fortpflanzen (d.h. es werden dazu Männchen und Weibchen benötigt). Das Läuseweibchen ist nach 3 Larvenstadien innerhalb von 14-21 Tagen geschlechtsreif und klebt die Nissen mit wasserunlöslichem Kitt aus der Anhangsdrüse des Ovars an die Haare (wie eine Perlenschnur). Larven müssen ebenfalls Blut saugen. Je wärmer es ist, desto schneller läuft die Entwicklung ab (ideal 35° C). Bei über 40° C wird es den Läusen aber zu warm. Läuse können sich relativ rasch fortbewegen (bei 20° C ca. 23 cm/min).
Die Lebensspanne der Kopfläuse beträgt 25-30 Tage, pro Tag werden bis zu 14 Nissen abgelegt ( insgesamt pro Weibchen 50 bis 276 Nissen).

Verbreitung:

Da Läuse weder fliegen noch springen können, werden sie hauptsächlich durch direkten Kontakt übertragen, meistens durch die Haare (Köpfe zusammen stecken!). Läuse können aber auch durch Gegenstände auf den Menschen übertragen werden. An diesen Gegenständen müssen nur Haare befallener Menschen stecken (z.B. benutzte Kämme, Haarbürsten, Mützen, Kapuzen, Decken, Kopfkissen und Jacken, auch gepolsterte Sitzlehnen und Kopfstützen im Auto bzw. im Bus, Kuscheltiere. Läuse können auch von Gegenstand zu Gegenstand übertragen werden (z.B. Garderoben im Kindergarten, an denen Jacken und Mützen eng beieinander hängen. Bevorzugte Opfer der Kopfläuse sind 4-10 jährige Kinder. Sie breiten sich besonders in Schulen und Kindergärten aus, da die Kinder häufiger die Köpfe zusammenstecken. Beim gemeinsamen Lesen eines Buches, beim Spielen oder beim Kuscheln mit Freund oder Freundin krabbeln die Tiere von einem Kopf zum nächsten.

Behandlung - Therapie:

Falsche Scham und ungeeignete oder unzureichende Therapie führt zu unnötigen Übertragungen. Es sollte das nähere Umfeld bei einem festgestellten Läusebefall informiert werden. Besonders in Schulen und Kindergärten muss Bescheid gesagt werden. Oft finden sich dort auch Betroffene. Wer wen angesteckt hat, lässt sich sowieso nicht feststellen. Also keine falsche Scham!
Wie gesagt, Läuse bekommen ist keine Schande (es hat nichts mit Unsauberkeit oder mangelnder Hygiene zu tun), behalten sollte man Sie jedoch nicht. Läuse befallen häufiger das weibliche Geschlecht und lieben langes Haar. Im Gegensatz zu früher verliert man heute bei der Behandlung von Läusen nicht mehr seine Haare (aber zugegebenermaßen ist die Kopfrasur eine recht heftige jedoch auch wirksame Methode). Läuse benötigen zum Überleben auf Dauer eine Temperatur von über 20 Grad (Idealtemperatur 35 Grad), je kürzer das Haar, um so geringer die Überlebenschance für die Kopfläuse.

Medikamente:

Es gibt unterschiedliche Wirkstoffe, z.B. Malathion (Organoderm), Allethrin (Jacutin N, Spregal), Pyrethrum (aus Chysanthemen in Goldgeist forte), Pyrethroide, Permethrin (Infectopedicul), Gamma- Hexachlorcyclohexan (=Lindan in Jacutin-Gel). All diese Läusemittel sind giftig (schließlich töten sie Lebewesen)! Deshalb sollte die Behandlung unbedingt unter ärztlicher Aufsicht erfolgen und deshalb wird auf eine Dosisangabe hier auch verzichtet. Das ist ganz besonders wichtig bei Kindern und Säuglingen. Bei aufgekratzten Hautstellen kann das Läusemittel zudem noch in den Körper eindringen. Aus diesem Grund wird z.B. bei Säuglingen eine Totalrasur oder auch oft eine stationäre Behandlung befürwortet.
Das zur Zeit gebräuchlichste Läuse-Insektizid ist das Infectopedicul ® . Es wird in das zuvor gewaschene (s. u. Essigbehandlung!) feuchte Haar nur einmalig einmassiert (appliziert). Die Haare sollten dann 30 min nach der Applikation mit einem Läusekamm ausgekämmt werden und in den 3 Folgetagen nicht gewaschen werden.
Es ist möglich, dass die durch die Nissen geschützten Jungläuse (Embryonen) die Behandlung überleben. Deren Entwicklung (s.o.) dauert 8 Tage, weshalb die Therapie mit dem Behandlungsmittel wiederholt werden sollte. Während der Einwirkzeit sollte eine Badekappe oder eine Plastiktüte über den eingeschäumten Haaren getragen werden, das Mittel kann in der "feuchten Kammer" besser wirken.

Erste Maßnahmen:

Eine Läusebehandlung kann nur erfolgreich sein, wenn die gesamte Wohngemeinschaft behandelt wird. Also müssen alle Personen eines Haushaltes untersucht werden. Sollte ein Befall bei einem Familienmitglied mit absoluter Sicherheit auszuschließen sein, dann könnte eine zu Medikamenten alternative Behandlungsmethode in Frage kommen (s.u.).
Kleidungsstücke wie Jacken, Mützen Bettwäsche usw. müssen von Läusen befreit werden. Da Läuse hitzeempfindlich sind, wäre eine Wäsche bei 60 Grad über mindestens 10 min. pedikulizid wirksam. Alternativ kann eine Kleidung in einen Plastiksack gegeben werden und mit einem geeigneten Insektizid behandelt werden. Das Insektizid sollte nicht nur die Läuse abtöten (pedikulizid), sondern auch ovozid (Nissen-abtötend) wirken. Nicht waschbare Stofftiere können auch in der Gefriertruhe bei -18° C über 48 Stunden gelagert werden. Sie können Kopfläuse auch "aushungern". Dazu werden die Gegenstände in einem gut verschlossenen Plastiksack über mindestens 2 Wochen (maximal 4 Wochen) so warm wie möglich gelagert. Das Aushungern der Läuse gelingt um so rascher, je höher die Lagerungstemperatur ist! Bei 25 bis 30° C können die Läuse noch 2 Tage überleben, bei 10-20° allerdings 7 Tage und dabei noch nach 5 Tagen schlupffähige Nissen ablegen.
Befallene Räume wie Schlafräume, Wohnräume, Schulräume etc. sind durch Nichtbenutzen bei gleichzeitiger Überhitzung in wenigen Tagen läusefrei. Eine Raumdesinfektion oder ein Waschen von Gardinen erübrigt sich dann also. Fußböden sollten gründlich gereinigt werden (Staubsaugen und den Staubsaugerbeutel anschließend sofort entsorgen).
Wenn sie nicht betroffen sind, ist die beste Vorbeugung, den Körperkontakt mit Personen zu vermeiden, die Läuse haben. Sie sollten auch keine Gegenstände ausleihen, wie z.B. Mützen, Hüte, Schals, Haarbürsten, Kämme, Handtücher, Bettwäsche etc. Eine Möglichkeit der Vorbeugung wäre eine Haarwäsche mittels Kokosöl (Aesculo®).

Beachten Sie bitte, dass Kinder die Schule, den Kindergarten oder andere Gemeinschaftseinrichtungen erst wieder besuchen dürfen, wenn nach dem Urteil eines Arztes eine Weiterverbreitung der Verlausung nicht mehr zu befürchten ist (§§ 33 - 36 IfSG). Eine solche Bescheinigung wurde früher nach nur einmaliger Anwendung eines auf Läuse einwirkenden Insektizids ausgestellt. Da die Abtötung einer Nisse nur unter einem Mikroskop sichergestellt werden kann (eine tote Nisse ist z.B. an der fehlenden Kappe erkennbar, s. Abbildungen), sollte heutzutage eine Läusefreiheit nur dann bescheinigt werden, wenn nicht nur keine Läuse, sondern auch keine Nissen mehr zu erkennen sind.

Nissenentfernung:

Nissen werden durch Waschen mit warmen Essigwasser (1 Teil 6%iger Speiseessig auf 2 Teile Wasser; Vorsicht: kein Essigkonzentrat!!) mit einer Einwirkzeit von 10 min entfernt und anschließend mit einem feinen "Läusekamm" (besser aus Metall!) ausgekämmt. Diese Behandlung sollte solange wiederholt werden, bis wirklich restlos alle Nissen entfernt wurden. Die Haare sollten täglich über mindesten 2 Wochen auf Nissen und Läusefreiheit untersucht werden.
Um die Untersuchung für kleinere Kinder erträglicher oder sogar lustig zu machen, ist es möglich ihnen etwas über Affen zu erzählen. Affen suchen bekanntermaßen gegenseitig oft nach Läusen. Wenn sie eine Laus bei einem anderen Affen gefunden haben, essen sie diese auf (was die Kinder aber nicht unbedingt auch nachmachen sollten!). Man kann ein Spiel aus der Untersuchung machen, indem man vorgibt eine Affenmutter oder ein Affenvater zu sein, die bei ihrem Kind nach Läusen suchen möchten. Auch kann man versuchen, die Kinder neugierig zu machen und ihnen erzählen, dass man unbedingt eine Laus finden möchte, damit man sie sich mal in Ruhe ansehen kann. Durch so ein Spiel ist es nicht mehr so schlimm, wenn man eine Laus bei ihnen findet.

Alternativbehandlungen (Vorsicht: zu unsicher!!)

Es gibt eine ganze Reihe von sogenannten Experten empfohlenen Behandlungsmethoden, deren gemeinsamer Nenner leider die allein nicht ausreichende Wirksamkeit ist.

  1. Aloe vera-Extrakte
  2. Neem-Baum-Extrakte
  3. Niemöl - Teebaumöl
  4. Brennesseljauche (Nr. 1-4 ist besser zur Behandlung von Blattläusen (Hemiptera) geeignet)
  5. Natriumbicarbonat
  6. Mischung aus Lavendelöl mit Sonnenblumen-Öl für 20 min unter einer Wärmehaube
  7. Mosquito Spezial Läuse-Shampoo (Soja-Kokusöl-Gemisch s. yopi.de)
  8. Sabadillessig (hanfkorngroßer Samen eines in mexikanischen Höhenlagen wachsenden  Zwiebelgewächs, Giftstoff: das Alkaloid Veratrin)
  9. RamifarnExtrakt (aus Tariacetum vulgare-Fam. Asteraceae--also kein Farn!)- giftig, früher gegen Würmer u. Läuse-Krätze eingesetzt)
  10. Sauna -Anwendung oder 45 min unter Schwebehaube bei 45° C.

Biologie:

Für besonders interessierte Leser hier einige Angaben zur Biologie der Läuse.
Läuse sind Insekten (Insecta=Hexapoda d.h. sechsbeinig). Die zoologische Eingruppierung (Taxonomie) lautet: Unterreich Metazoa- Coelomata (Bilateria) davon Protostomia, Articulata (Gliedertiere) - Arthoropoda (Gliederfüßler) - Mandibulata- Antennata-Insecta. Die Insecta werden in die Apterygota (die von vorneherein flügellosen Insekten) und die Pterygota (die mit Flügel, beachte die Flügel der Insekten sind Hautfalten und keine Extremitäten wie z.B. bei Vögeln). Die zu den Pterygote zählende Ordnung der Phthiraptera (=Tierläuse mit ca. 3700 Arten) wird in 3 Unterordnungen eingeteilt: 1. die Mallophaga (Haarlinge, Federlinge mit 3300 Arten , Größe bis 11 mm), 2. Rhynchophthirina (Elefantenläuse mit 2 Arten bis 3 mm lang und nur auf echten Elefanten und eigenartigerweise dem Warzenschwein zu finden) und 3. Anoplura (=echte Läuse, die sekundär flügellos geworden sind, mit ca. 400 Arten).
Kopf- und Kleiderläuse lassen sich fruchtbar kreuzen und haben sich wahrscheinlich in der Lebensweise erst herausgebildest, als die Menschen zur Benutzung von Kleidung übergingen.
Besonders interessant bei den Tierläusen sind die Mundwerkzeuge. Sie haben einen aus dem Mundvorraum weit ausschiebbaren Stachel, der aus 2 untereinanderliegenden Stiletten besteht. Alle 3 Thoraxsegmente sind bei den Tierläusen miteinander verschmolzen (vgl. dagegen Ameisen oder Bienen).
Eine weitere biologische Besonderheit ist deren hohe Veränderung der Mitochondrien 12S rRNA.
Übrigens leben weibliche Kopfläuse 25-30 Tage, männliche dagegen nur 15 Tage.
Parasiten wie Läuse werden auch in anderen Wissenschaften als der Biologie untersucht (z. B. wurden Läuse an Ötzi gefunden; Archaeoparasitologie bzw. Paleoparasitologie) und sogar Astronauten (bei russischen Astronauten war eine 3 wöchige Therapie zur Kopflausbekämpfung nötig) müssen sich damit beschäftigen.
 

Literatur:

  1. DGPI-Handbuch 4. Auflage, Infektionen bei Kindern und Jugendlichen (Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie) Seite 555ff (2003)
  2. Praktikum des Infektions- und Impfschutzes (Bösel, Luttmann, Hartung), Hoffmann GmbH Verlag Berlin.
  3. Burgers, I.: Head lice (Clin. Evid. 2002, 1508-1512).
  4. Frankowski, B. et al. : Head lice (Pediatrics 2002, 110, 638-643).
  5. Orion, E. et al.: Parasitic skin infestations II, scabies, pediculosis, spider bites: unapproved treatments (Clin. Dermatol. 2002, 20, 618-625).
  6. Laperre, J. et Perreault, M.: Outbrek of hesd pediculosis during SFINCSS-99 isolation experiment (Aviat Space Envir. Med. 2002, 73,203-205).
  7. Morry, T. et al: in J. Egypt. Soc. Parasitol. 2001, 31, 43-50)
  8. Fournier, P. et al.: Human pathogens in body and head lice (Emerg. Infect. Dis. 2002, 8, 1515-1518).
  9. Whiting, M. et al: Loss and recovery of wings in stick insects (Nature 2003, 421(6920), 264-267).
  10. Johnson, K. et al.: Dramatically elevated rate of mitochondrial substitution in lice (Insecta : Phthiraptera) (Mol. Phylogen. Evol. 2003, 26, 231-242).
  11. Page, R. et al.: Louse (Insecta : Phthiraptera) mitochondrial 12S rRNA secondary structure is highly variable (Insect Mol. Biol. 2002, 11, 361-369).
  12. RKI: Epidemiologisches Bulletin v. 21. November 2003 Nr. 47.
  13. Nash B.:Treating head lice.BMJ 326,1256-1257 (2003).
  14. Roberts R.J.: Head lice. NEnglJMed. 346,1645-1650 (2003).
     

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