Arzt für Kinder- und Jugendmedizin, Neonatologe, Dipl. Biologe,
Asthmatrainer, Psychosomatik, Reisemedizin, Gelbfieberimpfstelle
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Zecken gehören zoologisch gesehen zu den Spinnentieren (Arachnida) und sind im engeren Sinne Milben (Acari), deren zoologische Besonderheiten am Schluss dieses Kapitels aufgeführt werden. Zecken stellen nichts anderes als besonders große Milben dar. Die schon erwähnten REM-Aufnahmen lassen die Verwandtschaft mit den Hausstaubmilben (Dermatophagoides) erkennen. Die Zecken sind unter den Milben am längsten bekannt. Die ältesten Darstellungen stammen aus Ägypten (1500 v. Chr.). Homer beschrieb, wie die zerstoßenen Körper von vollgesogenen Zecken als Heil- und Potenzmittel verwendet wurden. Unter den Zecken (weltweit über 850 Arten) unterscheidet man drei Familien: Zwei große Gruppen (Familien): die Lederzecken (Argasidae, engl. Soft ticks) sowie die Schildzecke (Ixodidae, engl. hard ticks) und die als Schädling unbedeutende Familie Nuttalliellidae, deren einzige Art Nuttalliella namagua Bedford, in Süd- und Südwestafrika lebt und an Vögeln und Säugetieren Blut saugt.
ähneln von oben gesehen einem einfachen häutigen Sack, ihre Mundwerkzeuge werden erst sichtbar, wenn man sie umdreht, da sie auf der Bauchseite gelegen sind. Lederzecken fühlen sich insgesamt weich an, da sie keinen ausgeprägten Chitinpanzer besitzen. In Mitteleuropa stellt die Taubenzecke (Argas reflexus) den wichtigsten Vertreter dieser Gruppe dar.
Bei den Lederzecken unterscheiden sich Männchen und Weibchen kaum, Nymphen und Erwachsene (Adulte) saugen mehrmals für einige Minuten oder Stunden (2min- 2h, Ausnahme die Larven der Taubenzecke können auch mehrere Tage saugen). Die Tiere durchlaufen meist zwei (bis zu 8) Nymphenstadien, jedes Adulte kann sich mehrmals paaren und Weibchen legen nach jeder Blutmahlzeit Eier; die Tiere leben eher versteckt in Spalten und Ritzen von Ställen, Nestern usw. und überfallen ihre Wirte während deren Schlafes. Lederzecken können sehr lange ohne Nahrung auskommen (bis 10 Jahre!). Die meisten Lederzecken parasitieren auf Vögeln, einige auf bestimmten Säugetieren (auch dem Menschen z.B. Taubenzecke) oder Reptilien. Als Krankheitsüberträger sind die Lederzecken nicht so bedeutend wie die 2. Familie (Schildzecken), aber auch sie übertragen z.B. die Borreliose (durch Fledermauszecke – Argas vespertilionis) und das Q-Fieber (Taubenzecke –Argas reflexus) auf den Menschen. Die einzige in Europa vorkommende Lederzeckengattung Argas bevorzugt als Wirte Vögel, Argas reflexus vor allem Tauben. Menschen werden nur bei Nahrungsmangel befallen. Menschenblut tötet diese Zecken, aber der Stich erzeugt nässende Hautentzündungen. Die Gattung Ornithodorus (z.B. O.moubata – Afrikanische Lederzecke) bevorzugt Säugetiere (z.B. Haustiere, Mäuse, Ratten und Menschen) und überträgt das Zecken-Rückfallfieber (Borrelia duttoni). O. hermsi überträgt in Mittel- und Nordamerika Herms-Rückfallfieber (Borrelia hermsii); O. parkeri überträgt im Westen der USA Parkers Rückfallfieber (B.parken); O. remecosus überträgt das kaukasische Rückfallfieber (B. caucasica); O.turicata überträgt in Mexiko und den USA B.turicatae.
(19 Gattungen mit ca. 650 Arten) tragen auf dem Rücken ein stark chitinisiertes Schild (Scutum), welches bei den adulten Männchen den gesamten Rücken bedeckt, bei den adulten Weibchen im ungesogenen Zustand etwa zur Hälfte bedeckt. Die Mundwerkzeuge ragen über den vorderen Rand der Zecke hinaus, sind also von oben sichtbar. Alle Entwicklungsstadien (Larve, Nymphe, Adulte) saugen nur einmal (mehrere Tage) und es gibt nur ein Nymphenstadium. Die Männchen sterben nach der Begattung, die Weibchen nach der Eiablage. Die Tiere leben meist im Freien. Sie befallen entsprechend ihrer Entwicklung nur 1-3 Wirte. Die Wirte sind Reptilien, Vögel oder Säugetiere. Die Gattung Dermacenter saugt sogar an Walrossen und an der Bärenrobbe.
Es gibt dreiwirtige Zecken, die nach jedem Entwicklungsstadium den Wirt wechseln (z.B. Ixodex ricinus), zweiwirtige (z.B. Rhiphicephalus sanguineus – die braune Hundezecke), bei denen Larve und Nymphe am demselben Wirt saugen und einwirtige (z.B. Boophilus annulatus-Rinderzecke überträgt das Texas-Fieber (Babebsia bigemina).
Amblyomma > Wirte: besonders Rinder > übertragen Tularämie, Rocky-Mountains- Fleck-Fieber (RMFF) und Babesiose = Piroplasmose (Amöbenerkrankung in Erythrozyten (rote Blutkörperchen) und Lymphozyten (weiße Blutkörperchen));
Boophilus (s.o.);
Dermacentor (D.margeiakes – Schafzecke) > überträgt Tularämie, RMFF (Rickettsia rickettsii), Q-Fieber(Rickettsia burneti); D.reticulatus – Kuhzecke > Borreliose
Haemaphysalis (z.B. H.leporispalustris – Kaninchenzecke, H. concinna – Reliktzecke; H. punctata - Rote Schafzecke) > Wirte Vögel, kleine Säuger, Mensch > übertragen Borrelien, Babesien
Hyalomma > Wirte: Rinder > übertragen: Babesiose(Piroplasmose-Theilerose), Krimfieber, Crimean- Kongo-Hemorrhagic Fever
Rhipicephalus (R. saguineus - Braune Hundezecke) hauptsächlich Tropen und Subtropen bis Südeuropa > übertragen Borreliose, Babesiose, Rickettsia conori – Boutonneuse Fieber
Als Wirte (der Adulten) werden Hunde, Katzen, Rinder und Menschen bevorzugt. In Europa ist Ixodes ricinus Hauptüberträger der Borreliose (Borrelia burgdorferi) und der FSME.
Die Gattung Ixodes ist weltweit verbreitet. I. ricinus ist in Eurasien westlich des Urals zu finden. Weiterhin:
I. hexagonus (Igelzecke), I. ventalloi (Kaninchenzecke) Eyach-Virus-Fieber- Überträger , I.canisuga (Fuchszecke), I. trianguliceps
(Wühlmauszecke), I.ariae (Seevogel-Zecke)
Auf anderen Erdteilen: Amerika: I.dammini und I. pacifcus ,I. scapularis.
Ostasien: I.persulcatus (Taigazecke überträgt die schwerer verlaufende Russische FSME = RSSE)
Der beigefarbene bis braune gemeine Holzbock Ixodes ricinus hat ein großes Wirtsspektrum. Er parasitiert auf 20 Säugetier- und 43 Vogelarten. Das Verbereitungsgebiet erstreckt sich von Irland und Südskandinavien bis Spanien und Nordafrika, im Osten bis zum Kaspischen Meer und in den Nordiran.
Die Entwicklung einer Zecke verläuft in Form eines Zyklus und beginnt, wenn aus dem Ei einer weiblichen Zecke eine Larve schlüpft. Larven sind bei einer Größe von weniger als einem halben Millimeter mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Zum Blutsaugen befallen sie vor allem Kleinsäuger wie Mäuse und Igel.
Nach dieser ersten Blutmahlzeit verläßt die Larve ihren Wirt und häutet sich während einer mehrwöchigen Reifezeit zur sog. Nymphe (=1. Metamorphose).
Die geschlechtslosen Nymphen verbringen wie die Larven zunächst eine Zeit freilebend, bis sie sich einen Wirt (z.B. Mensch) für die nächste Blutmahlzeit suchen. Anschließend entwickeln sich die Nymphen zu erwachsenen Zecken (Adulten) (=2. Metamorphose). Sowohl männliche wie weibliche Zecken saugen im Adulten-Stadium erneut Blut. Die Weibchen saugen allerdings um ein Vielfaches mehr (bis zu 10 Tage lang), da sie das Blut zur Bildung von bis zu 3000 Eiern benötigen. Eine vollgesogene weibliche Zecke wiegt schließlich fast 200 mal so viel wie im Zustand vor dem Saugvorgang.
Zur Wirtsuche erklettern Nymphen und adulte Zecken Kräuter, Gräser und Büsche bis etwa 1,5 m Höhe. Sie heften sich an vorbeistreifende Säugetiere (Mäuse, Igel, Füchse, Rehe, Hunde usw.) und suchen auf dem Wirtstier zur Blutmahlzeit geeignete Regionen auf (dies kann bis zu 5 Stunden erfordern).
Die adulten Zecken finden auf dem Wirt auch ihren Geschlechtspartner, wobei Pheromone (Sexuallockstoffe) helfen. Das Männchen stirbt kurz nach der Begattung (Kopulation). Das Weibchen stirbt nach der bis zu 2 Monaten dauernden Eiablage. Zur Eiablage löst sich die Zecke vorher vom Wirt, die Eiablage dann erfolgt am Boden. Bei günstigen Temperaturen (ideal 14 – 23 Grad Celsius) und entsprechender Luftfeuchtigkeit (80 – 85%) schlüpfen die sechsbeinigen Larven im Schnitt nach etwa 30 Tagen und der insgesamt 178 – 2724 Tage dauernde Zyklus beginnt von Neuem. Nymphen und die Adulten haben wie alle Spinnentiere vier Laufbeinpaare.
Kennzeichnend für die Zecken sind ihre typischen (im Tierreich einmaligen) Mundwerkzeuge: ein Paar scherenförmige Cheliceren und gegliederte Pedipalpen mit einem dazwischen liegenden Hypostom, welches dem Anhaften am Wirt dient. Zecken haben weder einen Stechapparat wie z.B.Mücken, noch einen Beißapparat wie z.B. Krebse, sie haben vielmehr einen Bohrapparat, d.h. die Wirte werden angebohrt (allgemein wird aber vom sog. “Stich” gesprochen) und anschließend wird das Blut über einen ausgefahrenen Saugapparat in die Zecke aufgenommen. Der Speichel der Zecken enthält gerinnungshemmende und narkotisierende Substanzen, weshalb ein Zeckenstich auch erst nach längerer Zeit bemerkt wird.
Bei den Blutmahlzeiten der Zecken können verschiedene Krankheitserreger übertragen werden: Viren, Bakterien (Rickettsien, Borrelien, Spirochaeten) und Protozoen (Babesia). Wenn eine Zecke im Nacken in der Nähe des Rückenmarks festhaftet, kann durch die abgegebenen neurotoxisch (narkotisch) wirkenden Substanzen sogar eine im Extremfall tödlich verlaufende Zeckenlähme oder Zeckenparalyse eintreten. Nach dem Entfernen der Zecke verschwindet nach etwa 12 - 24 Stunden die Lähmungserscheinung.
Die Ixodes-Zecken benötigen zur Entwicklung eine Mindesttemperatur von 5 – 8° C und eine Luftfeuchtigkeit von über 80%, d.h. die Hauptzeit für Zeckenstiche sind die Monate Mai – Oktober. Gehäuft treten Zecken in den Zeiträumen Mai-Juli und September bis Oktober auf (Juli und August oft zu niedrige Luftfeuchtigkeit und Temperatur über der Idealtemperatur (14° - 23° C)). Bei besonders milden Wintern bzw. mildem Klima (z.B. in Spanien oder in England) sind jedoch Zeckenstiche im ganzen Jahr möglich.